Was erwartet mich? Wie läuft das Verfahren ab? So machen Sie alles richtig!
TOP-Anleitung zum Vorgehen vom Strafverteidiger.
Was Sie beachten sollten, wenn Sie ins wegen Betäubungsmitteln oder illegalen Drogen in den Fokus der Polizei geraten. Diese Abhandlung gibt einen guten Überblick über das Betäubungsmittelstrafrecht und wertvolle Ratschläge für den Fall eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und den Umgang mit der Polizei.
Was ist alles strafbar im Umgang mit Betäubungsmitteln?
Strafbar ist das Handeltreiben, der Besitz, Abgabe, Anbau, Veräußerung Herstellung und die Einfuhr Illegaler Drogen. Die Strafbarkeit ist im Betäubungsmittelgesetz, konkret in den §§ 29 ff. BtMG geregelt. Umfasst sind Vielzahl von Handlungen, die den Umgang mit verbotenen Betäubungsmitteln betreffen.
Was sind illegale Drogen nach dem Betäubungsmittelgesetz?
Kokain, Amphetamin (Speed, Pep), Heroin, Methamphetamin, Ecstaasy (MDMA), LSD, Psilocybin (Pilze), Ketamin, GHB (Gamma-Hydroxybuttersäure), Khat, Crack. Seit dem 01.04.2024 das das BtMG nicht mehr auf Cannabis (Marihuana, Haschisch) anwendbar. Cannabis wurde aus der Anlage zum BtMG gestrichen. Es gilt für Cannabis seitdem das Cannabiskonsumgesetz (KCanG). Stichwort: „Legalisierung von Cannabis“. Alles Wichtige zum Umgang, Besitz und Konsum von Cannabis und dem KcanG seit 01.04.2024 finden Sie hier. Weiterhin im Betäubungsmittelgesetz (siehe Anlagen 1 und 2) geregelt und im Gegensatz zu Cannabis nicht legalisiert, also auch bei kleinen Mengen strafbar, ist der Besitz und das Handeltreiben mit bestimmten Synthetischen Cannabinoiden: Diese Verbindungen ahmen die Wirkung von THC, dem psychoaktiven Hauptbestandteil von Cannabis, nach. Sie werden häufig als „Kräutermischungen“ verkauft und unter Namen wie “Spice” oder “K2” vermarktet.
Was gilt bei Legal Highs und Designerdrogen wie Badesalze, Pflanzendünger, Research Chemicals, Herbal Highs oder Party Pills?
Neben den oben genannten Substanzen existieren eine Vielzahl weiterer, neuerer chemischer Verbindungen, die gesetzlich in Deutschland ebenfalls als illegale Stoffe eingestuft sind. Diese sogenannten neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) werden oft als “Legal Highs” oder “Designerdrogen” bezeichnet und sind darauf ausgelegt, die Wirkung bekannter Drogen zu imitieren, um bestehende gesetzliche Regelungen zu umgehen. Um dem entgegenzuwirken wurde das „Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG)“ eingeführt, das ganze Stoffgruppen und nicht nur einzelne Substanzen verbietet, um der schnellen Anpassung des Marktes zuvorzukommen.
Einige Beispiele für illegale chemischen Substanzen Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG):
Sonstige Synthetische Cannabinoide die nicht im BtMG (Anlagen 1 und 2) aufgelistet sind
Synthetische Cathinone: Diese Substanzen sind strukturell mit Cathinon verwandt, einem natürlichen Stimulans, das in der Khat-Pflanze vorkommt. Bekannte Vertreter sind Mephedron und MDPV, die oft als “Badesalze” verkauft werden.
Phenethylamin-Derivate: Diese Gruppe umfasst Substanzen wie 2C-B oder 2C-I, die halluzinogene Effekte hervorrufen können.
Tryptamin-Derivate: Hierzu zählen Verbindungen wie 5-MeO-DMT, die starke psychedelische Wirkungen haben können.
Benzodiazepin-Analoga: Diese Substanzen ähneln in ihrer Struktur und Wirkung klassischen Benzodiazepinen, werden jedoch oft als “Designer-Benzodiazepine” bezeichnet.
Da der Konsum dieser Substanzen mit Gesundheitsrisiken verbunden ist und sie oft nicht ausreichend untersucht sind, ist der Konsum sehr risikoreich. Die Strafbarkeit für Herstellen, Handeltreiben, verabreichen oder in den Verkehr bringen dieser Substanzen ergibt sich aus § 4 NpSG.
Was bedeutet der Begriff der „nicht geringen Menge“?
Ein entscheidendes Kriterium im Betäubungsmittelstrafrecht ist die Abgrenzung zwischen einer „geringen Menge“ und einer „nicht geringen Menge“. Die nicht geringe Menge ist der Grenzwert, ab dem eine Straftat nach dem BtMG als schwerwiegender bewertet wird. Hier gelten Mindeststrafen und es sind höhere Strafrahmen vorgesehen. Die Festlegung der „nicht geringen Menge“ erfolgt durch die Rechtsprechung und basiert auf dem Wirkstoffgehalt der jeweiligen Substanz. Die sichergestellten Drogen werden regelmäßig labortechnisch untersucht, um zu ermitteln wieviel Wirkstoff darin tatsächlich enthalten ist. Je nach Qualität der einzelnen Betäubungsmittel gibt es deutliche Unterschiede im Wirkstoffgehalt.
Ab welcher Menge Wirkstoff liegt eine „nicht geringen Menge“ im Sinne des Gesetzes vor?
– Amphetamin: Ab 10 Gramm Wirkstoff Amphetaminbase.
– Kokain: Ab 5 Gramm Wirkstoff Cocainhydrochlorid.
– Heroin: Ab 1,5 Gramm Wirkstoff Heroinhydrochlorid
– Methamphetamin (Crystal Meth): Ab 5 Gramm Wirkstoff Metamphetaminbase oder 6,2 Gramm Wirkstoff Metamphetaminhydrochlorid
– Morphin: Ab 4,5 Gramm Wirkstoff Morphinhydrochlorid.
Die angegebenen Werte beziehen sich, wie oben erläutert, auf den reinen Wirkstoff und nicht auf das Gesamtgewicht der Drogen, die z.B. durch diverse Streckmittel (z.B. Milchzucker, Koffein, Lidocain, Tetracain, , Ephedrin usw.) erhöht sein kann. Geht es z.B. bei Besitz oder Handeltreiben mit Betäubungsmitteln um eine nicht geringe Menge oder mehr, fällt die Strafe meist höher aus.
Welches Strafen drohen bei den einzelnen Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz?
Nachfolgend finden Sie die Strafrahmen des Betäubungsmittelgesetzes in Deutschland:
• § 29 BtMG: Bei Besitz, Erwerb, Handel und Herstellung von Betäubungsmitteln – auch in geringen Mengen – handelt es sich um eine Straftat. Der Strafrahmen reicht hier von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Handelt es sich um eine geringe Menge und ist der Verstoß nur zum Eigenverbrauch bestimmt, kann das Verfahren unter Umständen eingestellt werden (§ 31a BtMG).
• § 29a BtMG: Für den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (d. h. größere Mengen als die gesetzlich definierte “nicht geringe Menge”) beträgt die Strafe in der Regel Freiheitsstrafe von 1 bis zu 15 Jahren. In minder schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe 3 Monate bis 5 Jahre. Eine Geldstrafe ist nicht vorgesehen.
• § 30 BtMG: Straftaten mit einem erhöhten Schweregrad, wie das Einschleusen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge oder das Handeln als Mitglied einer Bande, werden mit einer Freiheitsstrafe von zwei bis 15 Jahren geahndet. In minder schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe 3 Monate bis 5 Jahre. Dieser Paragraph betrifft besonders schwere Fälle und organisiert kriminelle Handlungen.
• § 30a BtMG: Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln unter erschwerenden Umständen, wie durch bewaffnete Personen oder in besonders großen Mengen, wird ebenfalls als schweres Verbrechen eingestuft. Der Strafrahmen liegt hier bei einer Freiheitsstrafe von fünf bis 15 Jahren. In minder schweren Fällen kann gilt der Strafrahmen von sechs Monaten bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.
Wie läuft ein Ermittlungsverfahren im Betäubungsmittelstrafrecht ab?
Wenn jemand im Zusammenhang mit Drogen ins Visier der Ermittlungsbehörden gerät, folgt ein festgelegtes Verfahren:
A. Einleitung des Ermittlungsverfahrens
Ein Verfahren kann durch unterschiedliche Umstände eingeleitet werden, etwa durch Hinweise aus der Bevölkerung, anonyme Tipps (§ 31 BtMG) oder gezielte Ermittlungen der Polizei.
B.Durchsuchung und Beschlagnahme
Häufig kommt es zur polizeilichen Durchsuchung von Wohnungen, Fahrzeugen oder anderen Räumen. Die Polizei sucht meist nach Drogen, Handys, Schuldnerlisten, Bargeld und andere Beweismitteln. Meist erscheinen die Beamten ganz früh am Morgen und ersetzen den Wecker. Hierbei ist es wichtig, Ruhe zu bewahren! Lassen Sie sich den richterlichen Durchsuchungsbeschluss zeigen. Prüfen Sie die Rechtsmäßigkeit der Durchsuchungsmaßnahme. Sie sollten der Durchsuchungsmaßnahme und auch der Sicherstellung sämtlicher Gegenstände widersprechen. Achten Sie darauf, dass ihr Widerspruch auch von dem Leiter der Durchsuchung schriftlich dokumentiert wird. Machen Sie keine Aussage und schweigen Sie. Führen Sie keinen „Smaltalk“ mit den Beamten aber bleiben Sie höflich. Sie sind rechtlich nicht verpflichtet, die Zugangsdaten zu Ihrem Handy oder Computer herauszugeben. Sie sind auch nicht verpflichtet, irgendetwas zu unterschreiben und sollten Sie jegliche Unterschrift verweigern. Beraten Sie sich im Fall einer polizeilichen Durchsuchung sofort telefonisch mit einem erfahrenen Strafverteidiger. Sie haben das Recht einen Anwalt anzurufen. Bestehen Sie gegenüber den Beamten darauf, sofort ein Telefonat mit einem Strafverteidiger führen zu dürfen. Sie erreichen uns jederzeit Mobil unter 0160/90792718.
C.Vernehmung als Beschuldigter
Man kann es nicht oft genug sagen: Als Beschuldigter sollten Sie unbedingt Schweigen und die Aussage gegenüber der Polizei verweigern. Machen Sie auch keinen „Smaltalk“ oder „lockere Gespräche“ mit den Beamten. Ihr Schweigen darf rechtlich nicht zu Ihrem Nachteil gewertet werden. Auch sind Sie rechtlich nicht verpflichtet, die Zugangsdaten zu ihrem Handy oder beschlagnahmten Geräten, den Beamten mitzuteilen. Auch hierzu sollten Sie umfassend schweigen. Beraten Sie sich sofort telefonisch mit einem Strafverteidiger.
D.Was passiert alles im Ermittlungsverfahren?
Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren bei Betäubungsmitteldelikten (BtM) beginnt in der Regel mit einem Anfangsverdacht, der durch verschiedene Quellen entstehen kann, z. B. Polizeikontrollen, Zeugenaussagen, anonyme Hinweise, V-Leute oder andere Erkenntnisse. Daraufhin leiten Polizei und Staatsanwaltschaft Ermittlungen ein, um Beweise und Daten zu sammeln um die Tat aufzuklären. Der Betroffene erfährt meist erst spät davon, dass überhaupt ein Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt wird.
E.Vorgehen der Polizei und Staatsanwaltschaft:
-Beweissicherung: Die Polizei führt Durchsuchungen von Personen, Fahrzeugen oder Wohnungen durch, um Drogen, Geld, Verkaufsutensilien oder sonstige Beweise sicherzustellen.
-Vernehmungen: Beschuldigte, Zeugen und mögliche Mittäter werden persönlich vernommen. Verdächtige sollten schweigen, können die Taten abstreiten, ein (Teil-)Geständnis ablegen und andere Beteiligte belasten (siehe „31er-Regelung“ im BtMG).
-Telefonüberwachung und Observation: Bei Verdacht auf organisierte Strukturen und größere Mengen an Betäubungsmitteln kann die Polizei auch verdeckte Ermittlungsmaßnahmen wie eine Telefonüberwachung oder eine geheime Observationen durchführen.
-Gutachten und Analysen: Sichergestellte Substanzen werden chemisch analysiert, um den Wirkstoffgehalt zu bestimmen, was für die Strafbemessung entscheidend ist. Manchmal wird von der Staatsanwaltschaft auch eine Begutachtung durch einen Psychiater veranlasst, um die Schuldfähigkeit des Betroffenen zu überprüfen, falls dieser unter dem Einfluss von Drogen stand. Hierbei ist grundsätzlich dessen Mitwirkung erforderlich d.h. der Mandant kann eine Begutachtung auch ablehnen.
-Abschluss des Ermittlungsverfahrens: Die Staatsanwaltschaft entscheidet nach Abschluss der Ermittlungen, ob die Beweise für eine Anklage ausreichen. Liegt genug Beweismaterial für einen Tatnachweis vor, wird Anklage erhoben und es kommt zu einer Gerichtsverhandlung; andernfalls sollte das Verfahren eingestellt werden.
F.Wie lange dauert das Ermittlungsverfahren?
Ein Ermittlungsverfahren kann je nach Fall mehrere Wochen bis viele Monate dauern, insbesondere wenn umfangreiche Beweisführung und die Auswertung von Handys und Datenträgern erfolgen. Nach Abschluss der Ermittlungen entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob eine Anklage gegen Sie erhoben wird oder das Verfahren eingestellt wird. Ob die Beweislage voraussichtlich für eine Verurteilung ausreichen wird oder nicht und wie Ihre Chancen stehen, kann nur durch einen erfahrenen Strafverteidiger, nach vollständiger Auswertung der Ermittlungsakten und Beweismittel beurteilt werden.
Lohnt sich für mich ein „31er“?- Soll ich der Polizei einfach alles sagen?
Welche Vor- und Nachteile hat die Regelung des § 31 BtMG?
§ 31 BtMG ist als sogenannte Kronzeugenregelung vorgesehen. Die Norm ermöglicht eine Strafmilderung oder gar Straffreiheit für Betroffene, die durch freiwillige Angaben über andere Taten sogenannte „Aufklärungshilfe“ gegenüber den Ermittlungsbehören leisten, sofern verschiedenen Voraussetzungen erfüllt sind.:
Was ist eine freiwillige Aufklärungshilfe?
• Der Betroffene muss von sich aus, also ohne vorherigen behördlichen Druck, ihm bekannte Informationen über andere Straftaten und die Identität von Personen gegenüber der Polizei oder Staatsanwaltschaft preisgeben. Diese Aussagen müssen eine Tat nach dem BtMG betreffen, an der der Täter selbst beteiligt ist oder deren Umstände ihm bekannt sind. Häufig erfordert dies, dass der Kronzeuge eigene Taten zugibt, also in eigener Sache ein Geständnis ablegt.
• Die Informationen müssen tatsächlich auch zur Aufdeckung von Straftaten führen, und die erhoffte Aufklärung sollte nicht bereits auf andere Weise polizeilich erfolgt oder gesichert sein.
• Die Angaben des Täters können sich auf bereits begangene Straftaten oder geplante, noch bevorstehende Taten beziehen.
Aufklärung vergangener oder Vereitelung zukünftige Straftaten Vereitelung
• Der Betroffene kann auch durch seine Aussagen dazu beitragen, geplante Straftaten nach dem BtMG zu verhindern. In diesem Fall geht es darum, künftige Taten zu vereiteln, bevor sie vollzogen werden.
• Entscheidend ist, dass er durch Weitergabe seiner Informationen einen konkreten Beitrag dazu leistet, dass eine von dritten Personen geplante Tat nicht stattfindet. Dies gilt beispielsweise für Informationen über geplante Drogentransporte oder künftige Herstellungsvorgänge.
Umfang der Kooperation
• Die Aussagen sollten detailliert, nachvollziehbar und möglichst noch durch andere Beweismittel überprüfbar sein. Unvollständige oder ungenaue Angaben reichen nicht aus, um in den Genuss der Strafmilderung zu kommen.
• Die Angaben müssen von einem solchen Umfang und einer solchen Qualität sein, dass sie einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung leisten. Die bloße Nennung irgendwelcher Namen oder nur oberflächliche, ungenaue Informationen reichen nicht aus.
Was ist des beste Zeitpunkt für die Aussage bei § 31 BtMG?
Wenn man sich in Abstimmung mit dem Verteidiger dazu entschlossen hat auszusagen, sollte die Kooperationsbereitschaft schnellstmöglich und zeitnah angekündigt werden und die Aussage erfolgen.
Es ist hier sinnvoll so früh wie möglich eine Auslage herbeizuführen, sodass die Behörde noch aktiv in den Ermittlungsprozess eingreifen kann. Bei mehreren Beschuldigten in einem Strafverfahren, kann es im Einzelfall zu einem „Wettlauf der Kronzeugen“ kommen. Es nutzt einem dann nichts, wenn man zwar ein Geständnis und umfassende Angaben macht, die zu diesem Zeitpunkt den Ermittlungsbehörden längst schon bekannt sind, weil z.B. zuvor bereits ein anderer Beschuldigter “gesungen“ hat.
In Fällen, in denen die Informationen erst spät im Prozess genannt werden und die Ermittlungen bereits weit fortgeschritten sind, ist die Anwendung der Kronzeugenregelung im Einzelfall verspätet, da ein Ermittlungsergebnis zu den mitgeteilten Taten des Kronzeugen rechtzeitig zu dessen eigener Hauptverhandlung (noch) nicht vorliegt.
Entscheidung des Gerichts
Die Strafmilderung hängt vom Wert der Informationen, dem Umfang der Aufklärung, der Schwere des ursprünglichen Delikts und der Gesamtumstände ab.Es liegt letztlich allein im Ermessen des Gerichts, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang die Aussage des Kronzeugen, die ihm selbst drohende Strafe tatsächlich beeinflusst. Das Gericht entscheidet in der Hauptverhandlung des Kronzeugen, ob für dessen nachgewiesene Straftaten aufgrund seiner Angaben eine Strafmilderung, die Verhängung einer milderen Strafe oder gar ein Verzicht auf Strafe erfolgt. Die Polizei kann und darf Ihnen keine verlässlichen Zusagen zur Strafhöhe etc. machen oder gar Deals unterbreiten. Hierzu hat vor der Aussage möglichst eine Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht durch Ihren Rechtsanwalt bzw. Strafverteidiger zu erfolgen.
Vorteile und Chancen des § 31 BtMG
Strafmilderung: In der Praxis kann dies eine deutliche Reduzierung der Haftstrafe bedeuten. Auch kann bei Untersuchungshaft das Ziel der Aussage, auch eine Aufhebung des Haftbefehls oder die Ausservollzugsetzung der U-Haft sein. Hier ist seitens des Strafverteidigers mit der Staatsanwaltschaft vorher genau abzuklären, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Entlassung aus der Untersuchungshaft tatsächlich in Betracht kommt. Straffreiheit: In seltenen Ausnahmefällen kann sogar eine vollständige Straffreiheit erreicht werden.
Risiken und Nachteile des § 31 BtMG
Die Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung nach § 31 BtMG birgt auch gewisse Risiken bzw. Nachteile für den Mandanten:
1. Gefahr von Vergeltung und Repressalien: Die Aussage gegen ehemalige Komplizen kann den Mandanten und auch seine Familie unter Umständen Vergeltungsaktionen aussetzen, besonders bei organisierten Netzwerken. Schutzmaßnahmen bieten nur bedingt Sicherheit.
2. Stigma und soziale Folgen: Als „Verräter“ oder „Singvogel“ stigmatisiert, kann der Mandant in seinem sozialen Umfeld gewisse Nachteile bzw. Ächtung erfahren, was einen Neustart erschweren kann.
3. Die Strafmilderung ist ungewiss: Die Höhe der Strafe liegt innerhalb der gesetzlichen Strafrahmen im Ermessen des Gerichts und es ist nicht garantiert, dass sich die „31 er Aussage“ auch lohnt, sodass der Mandant mit seiner Aussage Risiken eingeht, ohne zu wissen ob er in seinem Urteil eine „Belohnung“ erhält und wie hoch diese wirklich ausfällt.
4. Selbstbelastung: Um diese Anforderungen zu erfüllen, muss der Mandant vollständig aussagen, was zur Offenlegung zusätzlicher, den Ermittlungsbehörden noch nicht bekannter eigener Straftaten des Kronzeugen führen kann.
5. Psychische Belastung: Der Kronzeuge muss in der Hauptverhandlung vor Gericht gegen denjenigen oder diejenigen, den er „benannt“ hat, umfassend aussagen. Wiederholte Vernehmungen und intensive Befragungen können das Verfahren verlängern und psychisch sehr belastend sein.
6. Langfristige Einschränkungen: Sollte der Mandant in ein Zeugenschutzprogramm kommen, sind strikte Regeln und eine neue Identität oft notwendig, was ein normales Leben erschwert.
Entscheidung für § 31 BtMG nur nach umfassender anwaltlicher Beratung
Die Kronzeugenregelung des § 31 BtMG kann zwar Strafmilderung und bei U-Haft auch die Chance auf schnelle Haftentlassung bieten, birgt aber auch erhebliche persönliche und soziale Risiken für den Betroffenen Mandanten, die zu berücksichtigen und abzuwägen sind. Es sollte seitens des Verteidigers die vorherige Abstimmung mit Staatsanwaltschaft und Gericht gesucht werden. Falls Sie die Regelung des § 31 BtMG für sich nutzen wollen, sollten Sie zeitnah einen erfahrenen Fachanwalt für Strafrecht hinzuziehen.
Haben Sie eine Ladung zur Vernehmung bei der Polizei erhalten?
Regelmäßig erhalten Sie über eine schriftliche Ladung zu einer polizeilichen Vernehmung Kenntnis über ein gegen Sie laufende Ermittlungsverfahrens. Manchmal kommen die Polizeibeamten auch zu Ihnen nach Hause, um Ihre Vernehmung zum Tatvorwurf herbeizuführen. Dies geschieht gelegentlich auch im Falle einer Hausdurchsuchung. Ein erfahrener Strafverteidiger wird bereis möglichst frühzeitig im Ermittlungsverfahren verschiedene Strategien und Verteidigungsoptionen genau prüfen und mit Ihnen das Vorgehen genau besprechen und abstimmen, um das bestmögliche Ergebnis, also die Verfahrenseinstellung, mindestens aber eine möglichst geringe Strafe zu erreichen. Hierfür ist die konkrete Beweislage entscheidend. Diese ergibt sich regelmäßig erst nach einer Akteneinsicht, die der Rechtsanwalt beantragt. Ein Verteidiger prüft dann die Ermittlungsakten darauf, ob die Beweismittel tatsächlich ausreichen, um einen Tatnachweis zu erbringen, und ob diese auf rechtlich zulässige Weise erlangt wurden und kein Beweisverwertungsverbot besteht. Bestimmte Verfahrensfehler, wie z.B. eine rechtswidrige Durchsuchungsmaßnahme, können zur Einstellung des Verfahrens infolge Nichtverwertbarkeit der Beweise führen. Erst aufgrund der Akteneinsicht kann ein erfahrener Strafverteidiger die Verteidigungoptionen und die beste Vorgehensweise beurteilen und Sie hierzu beraten.
Haben Sie eine Anklageschrift oder eine Ladung zum Gerichtstermin erhalten?
Nach einer Anklageschrift folgt meist alsbald eine öffentliche Hauptverhandlung vor Gericht. Spätestens jetzt ist es dringend geboten dass Sie schnell einen Rechtsanwalt für Strafrecht beauftragen, der Ihre Interessen in der Hauptverhandlung vertritt. Wenn bereits eine Anklageschrift vorliegt, ist die Zeit bis zur gerichtlichen Hauptverhandlung häufig sehr knapp, so dass der Verteidiger oftmals nur wenig Zeit für die Prüfung der Beweislage und die Vorbereitung einer optimalen Verteidigungsstrategie hat. Am Ende der gerichtlichen Hauptverhandlung wird über die Schuld und die Strafe in erster Instanz entschieden. Die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft können gegen das Urteil sogenannte Rechtsmittel (Berufung, Revision, 2. Instanz) einlegen. Dies ist binnen einer Woche nach der Urteilsverkündung zu veranlassen. Es kommt dann zu einer erneuten Verhandlung bzw. Überprüfung des Urteils durch ein höheres Gericht.